Dr. Thomas Schulte

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Montag, 12. Juni 2017

Bei den Germanen war alles einfacher? Kommentar zum Internetgesetz des Kollegen RA Steinhöfel

Bei den Germanen war alles einfacher: Männer waren Ritter, Frauen schöne Jungfrauen. Wenn ein Ritter einen anderen Ritter beleidigte, konnte man mal eben hin reiten zu der anderen Burg, es gab kurzen Schwertkampf. Einer war tot und der andere hatte seine Ehre gerettet und durfte die Jungfrau auch noch heiraten. Ja um solche Fragen ging es bei Siegfried und den Nibelungen. Rechtsfrieden war einfach. 
Heute schreibt Manfred Ritter über Siegfried ins Internet, dass er den Nibelungen-Schatz gestohlen hat. Und Siegfried ist richtig sauer. Was soll er tun?
Heute streitet sich jeder mit jedem über die Fragen aller Fragen im Internet: wer darf was über wen schreiben? Sind Lügen verboten, was sind überhaupt Lügen (Fake-News)? Rechtlich deutlich ist, dass jeder über sich selbst alles schreiben darf und kann. Dabei ist das im Grunde einfach:
I.              Selbstkritik in der Öffentlichkeit
Wer einen Blog betreibt kann also formulieren:  Also kann Siegfried in das Internet schreiben, ich habe den Nibelungen-Schatz gestohlen und selbst im Rhein versenkt!
II.            Fremdkritik in der Öffentlichkeit unter Klarnamen
Wen Siegfried von Xanten eine Internetseite betreiben würde und dann schreibt: Den Nibelungenschatz hat Gunther gestohlen, kann Gunther dagegen klagen. Warum:
Der Ritter Siegfried ist in Deutschland zu verklagen und hat ein ordentliches Impressum:
Ritter
Siegfried von Xanten
König der Niederlanden
Kurfürstenstraße 9
46509 Xanten
Dann gilt ganz einfach deutsche Recht. Ob die Aussage zulässig ist oder jemand verleumdet wird oder beleidigt entscheidet das Landgericht Kleve. Es wird also das Recht aus der echten Welt einfach in die virtuelle Welt übertragen.
III.           Fremdkritik in der Öffentlichkeit (ohne Impressum oder falschem Namen)
Schwierig wird es aber, wenn man auf fremden Seiten schreibt oder kein Impressum hat. Beispiel: Siegfried von Xanten möchte Fake-News über Gunter verbreiten. Er macht einfach eine Internetseite auf in den USA und schreibt in das Impressum: Ritter Kunibert aus Wuppertal. Oder er schreibt auf der Seite Facebook mit einem Fake-Account „Ritter Kunibert“.
Z.B. einen Post: Alle finden Gunter doof, weil er den Schatz der Nibelungen gestohlen hat. Gez. Ritter Kunibert.
Jetzt fängt der Rechtsstaat an sich zu drehen und zu winden.
Haftet jetzt Facebook, die Suchmaschine Google oder der technische Anbieter der Internetseite? Darüber wird maximal gestritten.
1.    Grundsatz der Übertragbarkeit des Rechts in die virtuelle Welt
Einigkeit besteht, dass die Normen der realen Welt auch im Internet gelten. Also Urheberrecht, Gesetz über Wettbewerbsrecht, Strafrecht etc.
 2.    Keine Eigenkontrolle
Offenbar gehen die meisten davon aus, dass jeder selber schauen muss und beobachten muss, ob im Internet falsche oder negative Dingen zu finden sind. Also muss Google, der technische Anbieter oder z.B. Facebook nicht selbst prüfen, sondern kann warten, bis sich jemand meldet und beschwert.
3.    Informelle Wege der Problemlösung vorhanden
Bei krassen Verstößen gegen das Recht funktioniert weltweit ein informelles System (Waffenhandel oder verbotene Pornografie). Solche Dinge verschwinden immer schnell. Das System beruht auf einem Wildwuchs der letzten 20 Jahre und ist nicht geeignet und vollkommen intransparent. Die Internetkonzerne wollen es gerne bei dem System belassen.
4.    Rechtswege
Deutsche Gerichte und ausländische Gerichte haben sowohl Klagen gegen Facebook, Google und technische Anbieter zugelassen. Das ist juristisch schwierig, weil die Unternehmen meist keine inländische Adresse haben. In einem langen und beschwerlichen Weg kann dann versucht werden Fake-Inhalte zu löschen. Das gilt als teuer, langsam und damit ineffektiv.
Die rechtliche Diskussion im Mai 2017 konzentriert sich auf den Verriss der Idee des Bundesjustizministers, der mit seinem Facebook-Gesetz zumindest den Anfang gemacht hat und versucht, Unternehmen zu zwingen, schnell falsche Inhalte zu löschen und die Unternehmen mit Bußgeldern belegen will.
Einen genialen Vorschlag macht dazu der Anwalt Steinhoefel, der kein Wort zu viel verliert. Steinhübel ist bekannt geworden als Media Markt Anwalt und Werbefigur.
Entwurf von Joachim Steinhöfel und Maximilian Krah
Gesetz zur Gewährleistung freier Rede und Einhaltung straf- und zivilrechtlicher Vorschriften in den sozialen Netzwerken (Meinungsfreiheitsgesetz – MfG)
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz gilt für soziale Netzwerke. Dies sind Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht im Inland Plattformen im Internet betreiben, die es Nutzern ermöglichen, beliebige Inhalte mit anderen Nutzern auszutauschen zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
§ 2 Inländischer Zustellungsbevollmächtigter
Anbieter sozialer Netzwerke haben für Zustellungen in Deutschland in ihrem Impressum einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen.
§ 3 Haftung für rechtswidrige Inhalte Dritter
Anbieter sozialer Netzwerke haften auch für von Dritten eingestellte rechtswidrige Inhalte, wenn sie diese nach Kenntnis nicht unverzüglich entfernen.
§ 4 Haftung für Löschungen und Sperrungen
(1) Anbieter sozialer Netzwerke können auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie Inhalte Dritter entfernen, deren Veröffentlichung nicht gegen deutsches Recht verstößt.
(2) Anbieter sozialer Netzwerke können auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn sie Profile Dritter löschen oder befristet sperren, soweit der betroffene Dritte deutsches Recht nicht verletzt hat.
(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten dann nicht, wenn der betroffene Dritte die AGB (Gemeinschaftsregeln) des sozialen Netzwerks verletzt hat und die AGB ihrerseits rechtmäßig sind. Dies gilt dann nicht, wenn das soziale Netzwerk eine marktbeherrschende Stellung hat.
§ 5 Bagatellklausel
Die Ansprüche aus § 3 MfG können nur dann geltend gemacht werden, wenn die rechtswidrigen Inhalte geeignet sind, die Interessen des Betroffenen spürbar zu beeinträchtigen.
§ 6 Gerichtsstand
Für Klagen aufgrund dieses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
§ 7 Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tag der Verkündung in Kraft.
(2) Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird mit Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben. Alle etwa aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Entscheidungen sind gegenstandslos.
Leider wird dieser Text wohl nie Gesetzeswirklichkeit. Kein Wort zu viel, präzise und eine brillante Operation an unserer Rechtsordnung.
Warum:

Streit gehört nicht in die Hände von Privaten wie Ritter, die sich gegenseitig die Köpfe abschlagen, sondern das gute alte Landgericht Kleve (früher Bad Cleve) soll entscheiden, ob die Aussage, dass der Siegfried von Xanten den Nibelungenschatz gestohlen hat oder nicht, im Internet stehen darf.